Die Verkehrssicherungspflicht wird explizit in keiner gesetzlichen Bestimmung festgelegt. Sie folgt aus der Ableitung aus der allgemeinen Haftungsregelung in der Rechtsprechung, nach § 823 Abs. 1 BGB
„Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines Anderen widerrechtlich verletzt, ist dem Anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet“
Hier gibt es allerdings eine wichtige Einschränkung: Der Pflicht zur Verkehrssicherung unterliegen nur der Öffentlichkeit zugängliche Wege, Straßen sowie der Öffentlichkeit zugänglichen Einrichtungen. Speziell überall dort wo Verkehr hingeführt wird, z.B. beschilderte Radwege, beworbene Premiumwanderwege.
Richtungsweisend ist hier ein Urteil des BGH aus dem Jahr 1965 (Neue Juristische Wochenschrift 1965, 815-816)
„….. Der (Verkehrssicherungs-) Pflichtige muss daher Bäume oder Teile von Ihnen entfernen, die den Verkehr gefährden, insbesondere wenn sie nicht mehr standsicher sind oder herabzustürzen drohen. Zwar stellt jeder Baum an einer Straße eine mögliche Gefahrenquelle dar, weil durch Naturereignisse sogar gesunde Bäume entwurzelt oder geknickt oder Teile von ihnen abgebrochen werden können. Andererseits ist die Erkrankung oder Vermorschung eines Baumes von außen nicht immer erkennbar; trotz starken Holzzerfalls können die Baumkronen noch völlig grün sein und äußere Krankheitszeichen fehlen.
Ein verhältnismäßig schmaler Streifen unbeschädigten Kambiums genügt, um eine Baumkrone rundum grün zu halten. Das rechtfertigt aber nicht die Entfernung aller Bäume aus der Nähe von Straßen, denn der Verkehr muss gewisse Gefahren, die nicht durch menschliches Handeln entstehen, sondern auf Gegebenheiten oder Gewalten der Natur beruhen, als unvermeidlich hinnehmen. Eine schuldhafte Verletzung der Verkehrssicherungspflicht liegt in solchen Fällen nur vor, wenn
Anzeichen verkannt oder übersehen worden sind, die nach der Erfahrung auf eine weitere Gefahr durch den Baum hinweisen. Die Behörden genügen daher ihrer Überwachungs- und Sicherungspflicht hinsichtlich der Straßenbäume, wenn sie auf Grund der laufenden Beobachtungen eine eingehende Untersuchung dann vornehmen, wenn besondere Umstände sie dem Einsichtigen angezeigt erscheinen lassen. Solche verdächtigen Umstände könne sich ergeben aus trockenem Laub, dürren Ästen oder verdorrten Teilen, aus äußerlichen Verletzungen oder Beschädigungen, dem hohen Alter des Baumes, dem Erhaltungszustand, der Eigenart seiner Stellung, dem statischen Aufbau usw. …“
Aus rechtlicher Sicht ist somit eine visuelle Baumkontrolle ausreichend, eine weitergehende Untersuchung nur im Verdachtsmoment aus der visuellen Baumkontrolle heraus, angezeigt.
Im Normalfall ist der Eigentümer des Baumes verkehrssicherungspflichtig, somit der Eigentümer des Grundstückes auf dem der Baum steht, da der Baum fest mit dem Grundstück verbunden ist.
Auch hier gibt es Ausnahmen. Wenn zum Beispiel eine Fläche mit Baumbestand verpachtet wird und im Pachtvertrag die Verkehrssicherungspflicht dem Pächter zugesprochen wird.
Auch hier gibt es keine gesetzliche Regelung. Aus der Rechtsprechung der letzten Jahre hat sich herauskristallisiert, dass eine jährliche Kontrolle meist ausreichend ist. Diese wird sinnvollerweise, wechselnd im belaubten und unbelaubten Zustand durchgeführt.
Der Festlegung des Kontrollintervalls sollte zugrunde liegen; der Zustand des Baumes / Bestandes, der Standort des Baumes, die Art des in dem Bereich stattfindenden Verkehrs, der Verkehrserwartung (die berechtigte Sicherheitserwartung des Verkehrs ist in einem Kindergarten sehr viel höher als in einem wenig begangenen Waldbereich).
Bei Jungbäumen kann dieses Kontrollintervall größer sein, bei vorgeschädigten Bäumen aber auch kürzer. Dies liegt im Ermessen des Kontrolleurs.
Die Haftung endet immer im Fall eines eingetretenen Schadens, der auf höhere Gewalt zurückzuführen ist. Dies ist zum Beispiel der Fall bei einem Sturm von mindestens Windstärke 8, allerdings nur dann, wenn das Schadereignis nicht vorhersehbar war. Vorhersehbar wäre es zum Beispiel gewesen, wenn ich eine massive Einmorschung im Stammfuß zwar erkennt habe, aber keine Maßnahmen getroffen habe um die Gefahr eines Sturmwurfes zu beseitigen.
Ein Kontrollnachweis muss zwingend gerichtsfest geführt werden, damit im Schadensfall die Kontrolle nachgewiesen werden kann.
Dieser Nachweis sollte unbedingt folgende Punkte enthalten:
Name des Kontrolleurs
Kontrolldatum
Standort des Baumes / der Bäume
Prüfergebnis
Pilze welche an Bäumen wachsen, kann man grob in drei Gruppen unterteilen:
Als Unglücksbalken bezeichnet man einen horizontal oder leicht nach unten gewachsenen Ast oder Stämmling, welcher sich in einer gewissen Entfernung vom Stamm wieder vertikal aufrichtet. In der dadurch entstehenden Biegung treten sehr hohe Spannungskräfte auf, es kann zum Schubriss im Holz kommen.
Wird ein Baum gekappt, kommt es meist zu Ausbildung von Reiteraten an der Kappungsstelle bei gleichzeitigem Einmorschen der Kappungsstelle. Die entstehenden Ständer können ausbrechen. Bei Nadelbäumen entwickelt sich eine Kandelaberkrone. Auch diese kann ausbrechen.
U-Zwiesel oder Zugwiesel im Stamm eines Baumes sind ungefährlich. Problematisch sind die Druckzwiesel. Diese sind leicht an den ausgebildeten Ohren im Zwieselbereich zu erkennen. Der Baum versucht die Spannungen welche durch das Wachstum nach innen entstehen, auszugleichen. Er baut „Reparaturholz“ an, die Rinde kann einwachsen, der Holzverbund zwischen den Stämmlingen wird geschwächt. Bei stärkeren Windereignissen können solche Zwiesel ausbrechen.
Bäume werden verständlicherweise instabil, wenn Ihr Dickenwachstum nicht dem Höhenwachstum angepasst ist und es zu einem ungünstigen H/D Verhältnis kommt. Das Verhältnis ergibt sich aus dem BHD und der Höhe des Baumes. Hat ein Baum einen BHD von 20 cm und eine Höhe von 22 m ergibt sich: 22m / 22cm = 100
Dies wäre ein schlechter Wert mit hoher Bruchgefährdung. Erst ein H/D kleiner 70 wird als stabil bezeichnet, besser kleiner 50.
Ist eine größere Höhlung, respektive Einmorschung im Baumstamm zu sehen oder wird diese angenommen, sollte die Restwandstärke des Stammes, z.B. durch eine Resistographenmessung ermittelt werden. Feldstudien haben gezeigt, dass ab einer gesunden Restwandstärke von 30% des Radius des Baumes, dieser als bruchsicher zu bezeichnen ist. Das Versagensrisiko steigt unter einer Restwandstärke von 30% stark an.
Die vorstehende Auflistung erhebt nicht den Anspruch auf Vollständigkeit. Es gibt viele weitere kleinere und größere Auffälligkeiten rund um den Baum, die zu beachten sind.